
Anfang Oktober habe ich aufgeschrieben, was ich im Rest des Jahres noch erreichen will – nicht muss. Die von Judith Peters inspirierte To-Want-Liste ist entstanden.
Die Liste hat viele schöne Kommentare bekommen – und diese haben teilweise etwas bei mir ausgelöst. Manche waren beeindruckt, andere eher überwältigt und haben das auch so kommuniziert.
„Da hast du dir aber ganz schön viel vorgenommen. Pass auf, dass du dich nicht übernimmst.“
Ich weiß, dass das gut gemeint ist. Und ich höre, das in der Tat öfters. Aber genau das tue ich ja mit meinen Zielen, Wünschen und Listen – ich achte auf mich. Nur sieht das vielleicht anders aus, als viele denken.
Kleine, realistische, konkret messbare Ziele tun mir nicht immer gut. Manchmal machen sie mich sogar so träge, das gar nichts mehr geht. Kleine Ziele haben das Potenzial mir zu schaden, große Ziele hingegen nicht.
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💡 Kurz gesagt
Ich habe aufgehört, mir kleine oder SMARTe Ziele zu setzen, weil sie mich bremsen und mir mehr schaden als nutzen. In diesem Artikel erzähle ich,
warum „realistische“ Ziele für mich einem Selbstboykott gleich kommen, wie ambitionierte Ziele meine Produktivität fördern, warum wir uns trotzdem gerne realistische Ziele setzen.
Ach ja: Gesunde Produktivität heißt für mich nicht, mehr zu leisten – sondern mehr Zeit für die Dinge zu haben, die mir wirklich wichtig sind.
Beispiel 1: Setze dir kein realistisches Schreibziel für einen Monat
In dem Schreib-Circle in dem ich bin, haben wir uns vorgenommen einen Monat lang jeden Tag mind. 30 Minuten zu schreiben. Ich an meinem Buch. Wir treffen uns jeden Morgen von 8:30 Uhr bis 9:00 Uhr, um das zu tun. Einen Monat lang. 10.000 Wörter waren das Ziel.
Und dann sehe ich in der ersten Woche, dass das ziehmlich realistisch ist und alle Motivation mich anzustrengen war dahin. Dann kann ich mir ja Zeit lassen. Dann ist es nicht so schlimm, wenn ich am Wochenende nichts schreibe. Dann lunze ich auf der Ziel meiner Buchschreib-Coachin Rebekka: 20.000 Wörter. Da bin ich dabei. Das will ich auch. Da weiß ich nicht, ob ich das schaffen kann. #ChallengeAccepted
Und was soll ich sagen, noch bin ich mittendrin, aber ich weiß jetzt schon, dass ich mehr als 10.000 Wörter schreiben werde, auch wenn ich die 20.000 vielleicht nicht erreichen werde.
Ein ambitioniertes Ziel ist hier ein nur eines: eine Möglichkeit mehr Wörter für mein Buch zu produzieren.
Beispiel 2: Setze dir kein realistisches Umsatzziel
In einem anderen Jahr habe ich mir ein vorsichtiges Umsatzziel gesetzt, damit ich es auch sicher erreichen kann. Schön realistisch und messbar. Ein vorbildliches Ziel. Ohne Stress oder zu viel Druck.
Und ich habe es erreicht – im Oktober. Klingt total super. Nur was danach passiert ist, war alles andere als super. Die Luft war raus. Das Jahr hatte noch ganz schön viele Tage übrig, aber ich war fertig. Oder mein Kopf. Die Sache war gegessen, das Ziel erreicht.
Ich hatte, ob ich wollte oder nicht, auf „erledigt“ geschaltet. Kein Ziel mehr, keine Spannung, keine Dringlichkeit, keine Herausforderung und keine Kraft mir eine neue zu setzen, weil es sich dann wie aus den Fingern gezogen angefühlt hätte.
Das SMARTe Ziel hat mich hier bares Geld gekostet.
Ich habe daraus gelernt und mir für das nächste ja ein Ziel gesetzt, was gerade so an „unrealistisch, aber könnte auch klappen“ kratzt. Und was soll ich sagen, im November und Dezember bin ich noch voll motiviert nach Möglichkeiten für Umsatz unterwegs gewesen. Die sich auch noch positiv auf das nächste Jahr ausgewirkt haben. Ein ambitioniertes Ziel tat mir gut.
Warum sind kleine, machbare und realitische Ziele nur so beliebt?
Ich persönlich glaube, dass wir nicht umhin kommen zu lernen, das Scheitern und ein Nicht-Erreichen von Zielen weh tut. Es fühlt sich wie Versagen an, eines das etwas über uns aussagt, das uns nicht gefällt.
In unserer Gesellschaft gilt Fehlerfreiheit oft als Zeichen von Stärke. Das Problem hier: Wir verwechseln „realistisch“ mit „sicher“ und „sicher“ mit „gut für uns“. Wenn wir unsere Ziele nicht erreichen, dann halten wir uns für zu langsam, zu chaotisch, zu wenig diszipliniert. Statt uns freundlich zu begegnen, machen wir uns fertig und füttern den Glauben in uns, dass wir nicht gut genug seien. Jedenfalls ging es mir lange so.
Deshalb finde ich Judiths To-Want-Liste so schlau. Sie erlaubt uns allen, uns viel zu wünschen, ohne uns gleich dem Druck eines Ziel aussetzen zu müssen oder uns unbedingt daran messen zu müssen, ob dieser Wunsch erreicht werden kann. Das nimmt also den Stress raus – und lässt trotzdem oder gerade deswegen Großes und Unrealistisches zu.
Warum uns andere bremsen (und es nicht böse meinen)
Ich glaube nicht, dass Menschen, die mir sagen „Übernimm dich nicht.“, mich klein halten wollen. Sie wollen ihrer Sorge Ausdruck verleihen. Meistens, weil sie selbst erfahren haben, wie weh es tun kann, wenn man etwas nicht schafft, das man sich vorgenommen hat. Oder weil sie es kennen, wie es sich anfühlt, seine Grenzen zu überschreiten, um ein Scheitern zu verhindern und um jeden Preis, die gesetzen Ziel zu erreichen.
Vielleicht wollen sie auch ihr Gefühl der Überforderung teilen. Wer liest, wie viel ich mir vornehme, denkt vielleicht „Das würde ich nie schaffen.“ Und fühlt sich schlecht bei diesem Vergleich.
Ich übrigens auch manchmal. Ich nehme mir immer (zu) viel vor, schaffe nur einen Teil davon – doch mittlerweile bin ich am Ende trotzdem zufrieden, denn egal wie viel, ich erreiche immer etwas. Aber auch, weil ich eingesehen habe:
Ich werde nie genug Umsetzungszeit für all meine Ideen haben. Das ist quasi ein Naturgesetz. Und wenn das so ist, dann geht es weniger um die Menge der Ziele, sondern um die Auswahl. Dann will ich die besten, die ambitioniertesten Ziele, anstatt meine Lebenszeit an die realistischen und kleinen Ziele zu verschwenden.
Warum kleine Ziele mich oft ausbremsen
Ich habe kein Erfolgsgeheimnis entdeckt. Ich habe nur etwas bemerkt und anerkannt: Es hat mir schlicht schon öfter mehr wehgetan, mir zu wenig vorzunehmen, als zu viel.
Große Ziele bringen mich in Bewegung. Kleine führen zum Stillstand.
Kleine Ziele nehmen mir Raum und Möglichkeiten, statt mir beides zu geben. Wenn ich mir zu wenig vornehme, dann passiert einfach weniger – innerlich wie äußerlich. Dann fühlt sich mein Leben schnell weniger an, als es ist. Weniger als es sein sollte.
Über die Angst vor Größe
Ich denke, viele von uns (leider besonders weibliche Personen) haben gelernt sich klein zu halten – nicht zu viel wollen, nicht zu viel sein, einfach freundlich und bescheiden bleiben. Warum? Die Antwort darauf ist komplex und hat wohl mir gesellschaftlichen Strukturen zu tun, die sich so schnell nicht überwinden lassen.
Ich will das nicht für mich. Weder die Angst vor Größe, vor Ambitionen noch davor sichtbar zu sein oder zu enttäuschen. Ich will nicht so vorsichtig planen, dass Scheitern gar nicht mehr möglich ist. Ich will mich nicht mit „realistisch“ zufrieden geben, weil es sicher ist.
Ich bin fürs Ausprobieren, für Scheitern, fürs Ziele verwerfen, fürs Ziele anpassen fürs Versuchen, auch wenn es nicht perfekt wird. Das fühlt sich für mich mehr nach einem Leben an, dass ich leben will.
Große Ziele sind das beste Mittel gegen Perfektionismus
Ich denke auch, große oder viele Ziele sind nicht das Problem. Sie haben das Potenzial uns zu zeigen, wer wir sein könnten, wenn wir uns trauen. Und allein zu sehen und zu benennen, was sein könnte, reicht schon, um eine andere Version unserer Selbst zu werden.
Es fehlt nur noch, dass wir lernen mit dem was Dazwischen passiert besser umzugehen. Mit dem Moment, wenn es anders läuft als geplant, als gewollt. Wenn wir aushalten, dass es nicht perfekt, nicht im Zeitplan oder gar nicht passiert, dann verlieren diese großen, ambitionierten Ziele ihren Schrecken.
Was ich mir wünsche…
Das es normal wird seine Ziele mal zu erreichen und mal eben nicht. Denn das ist schon die Realität. Erkennen wir sie an. Wir können uns trösten, neu ausrichten und lernen.
Dass wir uns mehr zutrauen, als wir „sicher“ erreichen können und uns an dieses Gefühl der großen Ambitionen gewöhnen, bis es nicht mehr unserem Selbstwert schadet zu scheitern, sondern einfach dazugehört.
👉 Was würdest du dir vornehmen, wenn du keine Angst hättest, dich selbst zu enttäuschen? Wem würdest du damit Mut machen, größer zu denken?
Ideenreiche Grüße
Antonia (@frauidee)
P.S.: Ein kleiner Einblick in die Kommentare, die diesen Artikel inspiriert haben:
Begrenzend (so kam es bei mir an):
- „Gut, dass du Pausenzeiten eingeplant hast, sonst könnte das schnell umschlagen.“
- „Da hast du dir aber viel vorgenommen.“
- „Deine To-Want-Liste würde mir für ein Jahr reichen.“
Nicht begrenzend:
- „Was für eine tolle Liste!“
- „Klasse, wie detailliert du deine Ziele in kleine Schritte aufgeteilt hast.“
- „Ich bin beeindruckt, wie klar deine Liste ist.“



2 Gedanken zu „Gesunde Produktivität: Warum ich mir keine SMARTen Ziele mehr setze“
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Super geschrieben!