Gesunde Produktivität: Warum ich mir keine SMARTen Ziele mehr setze

Anfang Oktober habe ich aufgeschrieben, was ich im Rest des Jahres noch erreichen will – nicht muss. Die von Judith Peters inspirierte To-Want-Liste ist entstanden.

Die Liste hat viele schöne Kommentare bekommen – und diese haben teilweise etwas bei mir ausgelöst. Manche waren beeindruckt, andere eher überwältigt und haben das auch so kommuniziert.

„Da hast du dir aber ganz schön viel vorgenommen. Pass auf, dass du dich nicht übernimmst.“

Ich weiß, dass das gut gemeint ist. Und ich höre, das in der Tat öfters. Aber genau das tue ich ja mit meinen Zielen, Wünschen und Listen – ich achte auf mich. Nur sieht das vielleicht anders aus, als viele denken.

Kleine, realistische, konkret messbare Ziele tun mir nicht immer gut. Manchmal machen sie mich sogar so träge, das gar nichts mehr geht. Kleine Ziele haben das Potenzial mir zu schaden, große Ziele hingegen nicht.

🔗 Hier geht es zu meiner To-Want-Liste für Q4 2025, falls du jetzt neugierig bist, was da so alles drauf steht. 😋

💡 Kurz gesagt

Ich habe aufgehört, mir kleine oder SMARTe Ziele zu setzen, weil sie mich bremsen und mir mehr schaden als nutzen. In diesem Artikel erzähle ich,
warum „realistische“ Ziele für mich einem Selbstboykott gleich kommen, wie ambitionierte Ziele meine Produktivität fördern, warum wir uns trotzdem gerne realistische Ziele setzen.
Ach ja: Gesunde Produktivität heißt für mich nicht, mehr zu leisten – sondern mehr Zeit für die Dinge zu haben, die mir wirklich wichtig sind.

In dem Schreib-Circle in dem ich bin, haben wir uns vorgenommen einen Monat lang jeden Tag mind. 30 Minuten zu schreiben. Ich an meinem Buch. Wir treffen uns jeden Morgen von 8:30 Uhr bis 9:00 Uhr, um das zu tun. Einen Monat lang. 10.000 Wörter waren das Ziel.

Und dann sehe ich in der ersten Woche, dass das ziehmlich realistisch ist und alle Motivation mich anzustrengen war dahin. Dann kann ich mir ja Zeit lassen. Dann ist es nicht so schlimm, wenn ich am Wochenende nichts schreibe. Dann lunze ich auf der Ziel meiner Buchschreib-Coachin Rebekka: 20.000 Wörter. Da bin ich dabei. Das will ich auch. Da weiß ich nicht, ob ich das schaffen kann. #ChallengeAccepted

Und was soll ich sagen, noch bin ich mittendrin, aber ich weiß jetzt schon, dass ich mehr als 10.000 Wörter schreiben werde, auch wenn ich die 20.000 vielleicht nicht erreichen werde.

Ein ambitioniertes Ziel ist hier ein nur eines: eine Möglichkeit mehr Wörter für mein Buch zu produzieren.

In einem anderen Jahr habe ich mir ein vorsichtiges Umsatzziel gesetzt, damit ich es auch sicher erreichen kann. Schön realistisch und messbar. Ein vorbildliches Ziel. Ohne Stress oder zu viel Druck.

Und ich habe es erreicht – im Oktober. Klingt total super. Nur was danach passiert ist, war alles andere als super. Die Luft war raus. Das Jahr hatte noch ganz schön viele Tage übrig, aber ich war fertig. Oder mein Kopf. Die Sache war gegessen, das Ziel erreicht.

Ich hatte, ob ich wollte oder nicht, auf „erledigt“ geschaltet. Kein Ziel mehr, keine Spannung, keine Dringlichkeit, keine Herausforderung und keine Kraft mir eine neue zu setzen, weil es sich dann wie aus den Fingern gezogen angefühlt hätte.

Das SMARTe Ziel hat mich hier bares Geld gekostet.

Ich habe daraus gelernt und mir für das nächste ja ein Ziel gesetzt, was gerade so an „unrealistisch, aber könnte auch klappen“ kratzt. Und was soll ich sagen, im November und Dezember bin ich noch voll motiviert nach Möglichkeiten für Umsatz unterwegs gewesen. Die sich auch noch positiv auf das nächste Jahr ausgewirkt haben. Ein ambitioniertes Ziel tat mir gut.

Ich persönlich glaube, dass wir nicht umhin kommen zu lernen, das Scheitern und ein Nicht-Erreichen von Zielen weh tut. Es fühlt sich wie Versagen an, eines das etwas über uns aussagt, das uns nicht gefällt.

In unserer Gesellschaft gilt Fehlerfreiheit oft als Zeichen von Stärke. Das Problem hier: Wir verwechseln „realistisch“ mit „sicher“ und „sicher“ mit „gut für uns“. Wenn wir unsere Ziele nicht erreichen, dann halten wir uns für zu langsam, zu chaotisch, zu wenig diszipliniert. Statt uns freundlich zu begegnen, machen wir uns fertig und füttern den Glauben in uns, dass wir nicht gut genug seien. Jedenfalls ging es mir lange so.

Deshalb finde ich Judiths To-Want-Liste so schlau. Sie erlaubt uns allen, uns viel zu wünschen, ohne uns gleich dem Druck eines Ziel aussetzen zu müssen oder uns unbedingt daran messen zu müssen, ob dieser Wunsch erreicht werden kann. Das nimmt also den Stress raus – und lässt trotzdem oder gerade deswegen Großes und Unrealistisches zu.

Warum uns andere bremsen (und es nicht böse meinen)

Ich glaube nicht, dass Menschen, die mir sagen „Übernimm dich nicht.“, mich klein halten wollen. Sie wollen ihrer Sorge Ausdruck verleihen. Meistens, weil sie selbst erfahren haben, wie weh es tun kann, wenn man etwas nicht schafft, das man sich vorgenommen hat. Oder weil sie es kennen, wie es sich anfühlt, seine Grenzen zu überschreiten, um ein Scheitern zu verhindern und um jeden Preis, die gesetzen Ziel zu erreichen.

Vielleicht wollen sie auch ihr Gefühl der Überforderung teilen. Wer liest, wie viel ich mir vornehme, denkt vielleicht „Das würde ich nie schaffen.“ Und fühlt sich schlecht bei diesem Vergleich.

Ich übrigens auch manchmal. Ich nehme mir immer (zu) viel vor, schaffe nur einen Teil davon – doch mittlerweile bin ich am Ende trotzdem zufrieden, denn egal wie viel, ich erreiche immer etwas. Aber auch, weil ich eingesehen habe:

Warum kleine Ziele mich oft ausbremsen

Ich habe kein Erfolgsgeheimnis entdeckt. Ich habe nur etwas bemerkt und anerkannt: Es hat mir schlicht schon öfter mehr wehgetan, mir zu wenig vorzunehmen, als zu viel.

Große Ziele bringen mich in Bewegung. Kleine führen zum Stillstand.

Kleine Ziele nehmen mir Raum und Möglichkeiten, statt mir beides zu geben. Wenn ich mir zu wenig vornehme, dann passiert einfach weniger – innerlich wie äußerlich. Dann fühlt sich mein Leben schnell weniger an, als es ist. Weniger als es sein sollte.

Über die Angst vor Größe

Ich denke, viele von uns (leider besonders weibliche Personen) haben gelernt sich klein zu halten – nicht zu viel wollen, nicht zu viel sein, einfach freundlich und bescheiden bleiben. Warum? Die Antwort darauf ist komplex und hat wohl mir gesellschaftlichen Strukturen zu tun, die sich so schnell nicht überwinden lassen.

Ich will das nicht für mich. Weder die Angst vor Größe, vor Ambitionen noch davor sichtbar zu sein oder zu enttäuschen. Ich will nicht so vorsichtig planen, dass Scheitern gar nicht mehr möglich ist. Ich will mich nicht mit „realistisch“ zufrieden geben, weil es sicher ist.

Ich bin fürs Ausprobieren, für Scheitern, fürs Ziele verwerfen, fürs Ziele anpassen fürs Versuchen, auch wenn es nicht perfekt wird. Das fühlt sich für mich mehr nach einem Leben an, dass ich leben will.

Große Ziele sind das beste Mittel gegen Perfektionismus

Ich denke auch, große oder viele Ziele sind nicht das Problem. Sie haben das Potenzial uns zu zeigen, wer wir sein könnten, wenn wir uns trauen. Und allein zu sehen und zu benennen, was sein könnte, reicht schon, um eine andere Version unserer Selbst zu werden.

Es fehlt nur noch, dass wir lernen mit dem was Dazwischen passiert besser umzugehen. Mit dem Moment, wenn es anders läuft als geplant, als gewollt. Wenn wir aushalten, dass es nicht perfekt, nicht im Zeitplan oder gar nicht passiert, dann verlieren diese großen, ambitionierten Ziele ihren Schrecken.

Was ich mir wünsche…

Das es normal wird seine Ziele mal zu erreichen und mal eben nicht. Denn das ist schon die Realität. Erkennen wir sie an. Wir können uns trösten, neu ausrichten und lernen.

Dass wir uns mehr zutrauen, als wir „sicher“ erreichen können und uns an dieses Gefühl der großen Ambitionen gewöhnen, bis es nicht mehr unserem Selbstwert schadet zu scheitern, sondern einfach dazugehört.

👉 Was würdest du dir vornehmen, wenn du keine Angst hättest, dich selbst zu enttäuschen? Wem würdest du damit Mut machen, größer zu denken?

Ideenreiche Grüße
Antonia (@frauidee)


P.S.: Ein kleiner Einblick in die Kommentare, die diesen Artikel inspiriert haben:
Begrenzend (so kam es bei mir an):

  • „Gut, dass du Pausenzeiten eingeplant hast, sonst könnte das schnell umschlagen.“
  • „Da hast du dir aber viel vorgenommen.“
  • „Deine To-Want-Liste würde mir für ein Jahr reichen.“

Nicht begrenzend:

  • „Was für eine tolle Liste!“
  • „Klasse, wie detailliert du deine Ziele in kleine Schritte aufgeteilt hast.“
  • „Ich bin beeindruckt, wie klar deine Liste ist.“

15 Gedanken zu „Gesunde Produktivität: Warum ich mir keine SMARTen Ziele mehr setze“

  1. Pingback: Double your Blog: 60 TOP Blogartikel-Highlights rund um KI, Gesundheit und Spiritualität (Teil 1)

  2. Liebe Antonia, was für ein schöner Artikel. Und ich bin ganz bei dir: Wenn ein Ziel zu leicht zu erreichen ist, fängt man nicht an oder hört unterwegs auf. Ein Ziel muss fordernd sein, sonst beflügelt es nicht. 🙂 Liebe Grüße, Bina

  3. Hi Antonia, spannendes Thema! Ich glaube, beim Ziele setzen ticken wir alle sehr unterschiedlich. Bei mir ist es zum Beispiel eher so, dass ich dazu tendiere mich zu überarbeiten, wenn ich mir zu krasse Ziele setze – weil ich sie unbedingt erreichen möchte. Wer schon mal kurz vorm Burnout stand, ist da vielleicht etwas vorsichtiger?! Ich finde es aber toll, dass du einen Weg gefunden hast, der für dich funktioniert. 🙂 Ich denke, das gibt’s kein „richtig“ oder „falsch“. Nur sich gar keine Ziele zu setzen, finde ich immer schwierig. Viele Grüße, Katharina

    1. Hi Katharina, danke dir für das Kommentar. Ich stimme voll zu jeder soll sich bitte die Ziele setzen, die zu ihm passen und die anderen ihre Ziele so setzen lassen, wie sie wollen . Und ich verstehe komplett die Vorsicht und was möglicherweise alles dahinter stecken kann. So hat jeder seine sichtbaren oder unsichtbaren Gründe sich ambitionierte, mittlere, realistische oder kleine Ziele zu setzen. Ich finde diese Vielfalt spannend, noch spannender die Gründe dahinter! LG Antonia

  4. Hi liebe Antonia,
    ich bin auch Fan der To-Want-Listen-Kultur. Ich „verfehle“ meine Wünsche regelmäßig, aber hey, man darf sich ja mal was wünschen. Ich weiß selbst, dass da immer so wahnsinnig viel drauf steht, dass immer einiges übrig bleibt. Dennoch motiviert es mich total. Und auch, wenn ich viele der Punkte nicht abhaken kann, bin ich mit den meisten ja doch vorangekommen.
    Und – meistens habe ich zwischendurch sogar Projekte umgesetzt, die gar nicht auf meiner Wunschliste standen. Interessant, zu entdecken, wie man selbst so tickt.
    Ich bin wirklich froh, dass ich deinen Blog entdeckt habe, denn wie ich gerade feststellen durfte, gibt es bei dir nicht nur superviele spannende Blogartikel – auch in Sachen Buchmarketing kann ich von dir noch etwas lernen. Denn – du ahnst es – auch ein Buch steht auf meiner To-Want-Liste
    Ich schau wieder rein – bis bald!
    Liebe Grüße
    Astrid

  5. Liebe Antonia, ein ganz toller Artilel, wie ich finde. Er hat mich sehr inspiriert,es mal auszuprobren. Ich schwanke noch etwas, was mir besser hilft, kleine oder große Ziele. Mit dabei bin ich auf alle Fälle, wenns daeum geht flexibel zu bkeiben. Danke.

    1. Ich denke, beides hat seine Berechtigung und ganz oft ist es einfach von der Situation abhängig. Heute z.b. habe ich nicht so viel Energie, da hilft mir mein großes Ziel ein Buch zu schreiben nicht weiter, aber wenn ich mir sage, nur 100 Wörter in meinem Manuskripte heute wäre schon mega. Also hilft beides, mal so mal so. Jedenfalls bei mir. Danke für dein Kommentar! LG, Antonia

    2. Vielen Dank für diesen inspirierenden Artikel! Ich liebe die Idee, dass große Ziele ein Tool gegen Perfektionismus sind. Ja, lass uns nach den Prägungen durch Schulnoten das „Scheitern“ wieder etablieren. Im Englischen heißt es, success = fail forward (wenn ich das richtig in Erinnerung habe). Letztendlich ist es doch die Klarheit, die wir erlangen, die uns wieder bringt. Darüber, wie wir funktionieren, was wir lieben, was zu uns passt und was nicht. ❤️

  6. Hey Antonia, das ist ein ganz wunderbarer Artikel!!!! Und nicht nur der Artikel an sich, sondern deine ganze Einstellung zu diesem Thema. Gefällt mir so gut. BRAVO!!
    Ich bin auch der Meinung Ziele sollten groß sein, denn das bringt mich so richtig in meine Kraft und in meinen Flow.
    Alles Liebe, Monika

    1. Hi Monika, danke dir für dein Kommentar und das Lob. Das ist das schönste Gefühl, solche Rückmeldungen auf seine liebevoll geschriebenen Artikel zu bekommen. LG Antonia

  7. Liebe Antonia, mal wieder hat mich dein Text total angesprochen.
    Einerseits kann ich das Gefühl total gut verstehen, dass die Motivation für mehr verpufft, wenn das Ziel „zu früh“ erreicht ist.
    Andererseits ist mein Eindruck: ich erreiche meine Ziele auch oft nicht (aus verschiedensten Gründen) – selbst wenn das Ziel eigentlich klein oder SMART genug ist. Wenn das Ziel aber größer ist, strenge ich mich mehr an/bin motivierter und schaffe am Ende mehr als hätte ich ich mir ein kleineres Ziel gesetzt.

    Lange hat mich das Nicht-Erreichen meiner Ziele frustriert. Inzwischen akzeptiere ich – wie du – dass meine Zeit eben nicht für all meine Ziele und Ideen ausreicht. Größere Ziele als größere Motivation sind seitdem nicht mehr so frustrierend, sondern eben genau das – motivierend.

    1. Hi Hannah, es ist immer wieder schön zu lesen, dass ich mit meinen Gedanken und Empfindungen gar nicht so alleine bin! Danke dir fürs Teilen deiner Gedanken und Erfahrungen, ich freue mich sehr das wir uns über meine Texte verbunden fühlen können. LG Antonia

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Nicht noch ein Produktivitätsratgeber...

 Doch! Und zwar darüber warum die übliche „Tu-Dies-lass-Jenes“-Literatur bei mir mehrfach wirkungslos verpufft ist.

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